Page 8 - Leseprobe
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Das Boot war für drei Personen vorgesehen, sie waren aber vier. Vom Gewicht her sollte das
kein Problem sein, wohl aber vom Gesichtspunkt des verfügbaren Platzes. Da war kein
Quadratzentimeter zuviel, ja, sie würden nichts mitnehmen können außer den wichtigsten
Papieren.
»Nichts mitnehmen, Alfred?<< sagte Renate und schüttelte den Kopf, »Wofür haben wir uns
denn zwanzig Jahre lang abgerackert! Um das jetzt alles stehen und liegen zu lassen?<<
>>Ich sage dir, Nati, das kriegst du alles wieder. In vier, fünf Jahren, da siehst du nicht mehr
zurück<<.
>>Und Omas Möbel? Die schönen, alten Möbel aus dem Schloß, die ihr der Graf ‚45
geschenkt hat, als er in den Westen ging? So was kannst du doch heute gar nicht mehr
kaufen!<<
Diese Möbel waren der Stolz von Renates Eßzimmer, mit dem großen Eichentisch, den dazu
passenden acht Stühlen, dem elegant gedrechselten Vertiko, in dem ihre Sammeltassen
standen. Dann die schöne alte Regulator- Uhr.
>>Das mußt du doch einsehen, Renate, das sind alles nur Dinge. In dieser oder jener Form
kann man sie wieder erwerben. Wenn wir in dem Schlauchboot flüchten, wie willst du denn
da die Möbel reinkriegen? Nun sei doch vernünftig!<<
>>Ich will ja nicht flüchten. Du willst es<<.
>>Ja, ich kanns hier nicht länger aushalten. Ich kann da nicht tatenlos zusehen, wie dieses
System sich selber abmurkst und zwar auf Kosten des kleinen Mannes, auf unsere Kosten. Die
Genossen, die Stasis und die Bonzen da oben - denen geht‘s danke. Deshalb lohnt es sich ja so
sehr für Harrecker und Co, uns hier einzusperren<<.
>>Du hast doch aber auch zu essen. Was willst du denn?<<
>>Der Todeskampf hier dauert noch zehn Jahre. Willst du dabei jede Zuckung mitmachen?
Dann die Kinder, die stehen jetzt am Anfang ihres Berufslebens. Die könnten drüben eine
ganz andere Existenz aufbauen<<.
>>Und das Haus hier- keine drei Jahre haben wir da drin gewohnt, und schon wollen wirs
verschenken? Denn das bedeutet die Flucht doch, stimmt‘s? Daß wir das Haus verschenken -
an deinen größten Feind, den Staat?<<
>>Ja, darüber hab ich auch schon nachgedacht. Ich könnte versuchen, es zu verkaufen<<.
>>Wie willst du das wohl machen! Ohne daß jemand Verdacht schöpft!<<
>>Mir fällt schon noch was ein<<.