Page 14 - Leseprobe
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es hätte mögen. Aber dann waren die Obstbäume genauso schnell gewachsen, wie er, Marco.
               Und beim Hochspringen, um die schönsten, reifsten Kirschen zu pflücken, waren ihm die

               Hühner und Enten unter die Füße geraten, so daß es  des öfteren  fast zu einem  Unglück
               gekommen wäre. Aber  wenn‘s um seine Tiere  ging, dann ließ  Opa nicht mit sich spaßen.
               Dann hieß es: raus aus dem Hühnergehegel Aber dann  konnte man immer noch an der

               Warbel spielen, dem kleinen Flüßchen, das sich um ganz Gnoien herumschlängelt. Das Beste
               aber an den Sommerferien in Gnoien war immer das Angeln gewesen. Dazu war er mit Opa

               an den Duckwitzer See gefahren. Mit dem Boot von Opas Freund Heinrich waren sie auf den
               See hinausgerudert und hatten ihre Angelruten ins  Wasser gehängt. Zuvor hatten sie im

               Hühnerauslauf  nach Würmern gegraben, und  in seinem  ersten  Gnoiener Sommer hatte
               Marco gelernt, wie man den lebenden Wurm auf den Angelhaken spießt. Das war nicht ganz

               leicht gewesen, denn der Wurm wand und krümmte sich mächtig, und als er schließlich lang
               und tot vom Haken baumelte, da hatte Opa auch noch gesagt:
                  >>Jetzt mußt du den Wurm gut über den Haken ziehen, so daß der Fisch nur Wurm sieht

               und kein Metall. Die Fische in diesem See sind nämlich sehr schlau, die wissen, daß ihnen das
               Metall nicht bekommt<<.

                  >>Mach du das mal, Opa<<, hatte Marco an jenem Tag gesagt, doch schon beim nächsten
               Angelausflug hatte er den Haken mit dem Wurm perfekt verkleidet. Und hatte auch einen
               Fisch rausgezogen. Oma war mit dabei gewesen und hatte ihn bewundert und seine Freude

               und seinen Stolz überschwänglich mit ihm geteilt, während Opa dabei nur schmunzelte.
               Diesen ersten Fisch hatte Marco nie vergessen,  auch nicht, nachdem  Opa ihm drei Jahre

               später erzählte, daß es ein Fisch aus dem Kühlschrank gewesen war, den Marco da >geangelt<
               hatte. Deshalb hatte  er  auch nicht so schön gespattelt, wie  die es taten, die  Opa aus  dem

               Wasser holte.
                  Aber als Marco von den wahren  Hintergründen seines ersten Fisches härte, da hatte er

               gerade einen absoluten Super-Erfolg gehabt: einen zehneinhalb-pfündigen Karpfen, der ihm
               fast die Angelrute aus der Hand gerissen hätte, wenn er damals nicht so konzentriert und
               aufmerksam das Flott beobachtet hätte. Nur weil er es ständig im Auge gehabt hatte, sah er es

               plötzlich untertauchen und packte den Angelstock automatisch fester an. Nur auf das enorme
               Gewicht, das da am anderen Ende zog, daraufwar er nicht vorbereitet gewesen.  Der

               Bambusstock  krümmte  sich gewaltig und um nicht über  Bord gezogen zu werden, mußte
               Marco sich auf seinem Bootssitz weit zurücklehnen, die Füße gegen die Bootswand stemmen
               und war schließlich sogar nach hinten von der Bank gerutscht - denn er war entschlossen,

               diesen Fisch nicht sausen zu lassen. Und er hatte ihn hochgezogen- ganz alleine! Opa hatte,
               sobald er merkte, was für einen Oschi Marco da am Haken hatte, die Ruder ergriffen und

               hatte dem Karpfen sozusagen >Leine gegeben<, indem er das Boot leicht in die Zugrichtung
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